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"Ich vermisse nichts"

04.02.2009

Lake Placid/Sonneberg (dpa) - Erstmals seit weit mehr als einem Jahr ist Silke Kraushaar- Pielach nur noch Zaungast im Rodel-Zirkus, an der Stätte ihres letzten Sieges will die 38-Jährige aber noch einmal WM-Luft schnuppern. «In Lake Placid bin ich immer gerne gefahren, weil es eine sehr anspruchsvolle Bahn ist», erinnert sich die Olympiasiegerin vor ihrer Abreise an diesem Mittwoch zu den Rodel-Weltmeisterschaften am Wochenende in den USA. Knapp ein Jahr nach ihrem tränenreichen Abschied von der Rodel-Szene kommt bei der Sonnebergerin aber keinerlei Wehmut auf. «Ich vermisse nichts. Auch an der Bahn habe ich null Kribbeln. Es ist einfach schön, ohne dieses ständige Adrenalin zu leben.»

«Ich habe alles erreicht, was man in diesem Sport erreichen kann», zieht die Thüringerin ein rundum zufriedenes Fazit ihrer erfolgreichen Karriere. Anders als ihre jungen Nachfolgerinnen Tatjana Hüfner und Natalie Geisenberger war die für Oberhof startende Kraushaar-Pielach eine Spätstarterin, erst mit 26 Jahren gab sie 1997 ihr WM-Debüt. Es folgte eine Bilderbuch-Karriere: 1998 gewann die Oberhoferin im japanischen Nagano Olympia-Gold - dank des kaum fassbaren Vorsprungs von zwei Tausendstelsekunden oder umgerechnet 4,6874 Zentimetern vor Barbara Niedernhuber. 2004 wurde Kraushaar-Pielach Weltmeisterin - und in Lake Placid schaffte sie im November 2007 ihren 36. Weltcup-Sieg, durch den sie bis auf einen einzigen Erfolg an Rekordhalterin Sylke Otto (Oberwiesenthal) heranfuhr.

«Am Ende habe ich es auch körperlich gemerkt, es hat immer häufiger hier und da gezwickt», erinnert sich Kraushaar-Pielach an den immer mühsameren Karriere-Herbst. Nach ihrem Rücktritt im vergangenen Winter hat die Ausnahmeathletin dem Sport denn auch erst einmal eine Absage erteilt. «Ich habe gar keinen Sport gemacht.» Selbst der Rennschlitten blieb unberührt. «Dafür ist es ja zu gefährlich, einfach aus Gaudi mal herunterzufahren.» Ein ruhiges Leben nach dem Abschied vom Rodel-Stress konnte die 38-Jährigè bislang aber nicht führen. «Ich bin noch gar nicht zur Ruhe gekommen. Ich hatte ein turbulenteres Jahr als in all den Jahren zuvor», erzählt die Thüringerin. Ihre Ausbildung zur Fachwirtin für Sport und Fitness schloss sie im Dezember mit Bravour ab, zur Belohnung ging es mit Ehemann Michael nach New York. «Christmas-Shopping in New York habe ich mir schon immer gewünscht.» Zudem ist Kraushaar-Pielach seit einigen Monaten als Sportwartin Rennrodeln im deutschen Verband aktiv: «Ich bin Funktionärin geworden. Das ist eine Art Verbindungsstelle zwischen den Trainern und Sportlern.»

Über ihre genaue berufliche Zukunft hat Kraushaar-Pielach noch nicht entschieden, noch ist der Selbstfindungsprozess im neuen Leben nicht beendet. Nur eines ist klar: Mutter will sie bald werden. «Ich kann die Frage nach dem Baby zwar schon nicht mehr hören, aber das ist schon einer meiner größten Wünsche.»

Quelle: dpa vom 31. Januar 2009


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